Those About To Die – Meine Rezension zur TV-Serie

Da sich die Handlungszeiträume der Serie und meines Romans „Kolosseum-Spiele um Macht und Liebe“ (69 bis 80 n. Chr.) überschneiden, möchte ich meine Meinung aus der Sicht eines Autors abgeben, der sich mit dieser Zeit sehr intensiv beschäftigt hat.

Tolles Setting – aber meist düsteres Licht

Roland Emmerich ist berühmt für opulente Filme. Auch mit der TV-Serie „Those About To Die“ ist er sich treu geblieben. Die Kostüme und Kulissen sind überwältigend. Die Rennen der Wagenlenker im Circus Maximus wurden hervorragend in Szene gesetzt; das ist Action pur. Und die Kamerafahrten über die antike Stadt sind atemberaubend. Für eine TV-Produktion ist das oberste Schublade, auch wenn nicht alle Möglichkeiten moderner CGI-Technik ausgereizt worden sind .Und nun ja, ein gewisses Flair des alten Imperiums wird auch vermittelt. Dazu konnten die pompösen Kulissen der HBO-TV-Serie „ROM“ beitragen, die seit über zwanzig Jahren immer noch auf dem Gelände des römischen Cinecittà-Studios stehen. Die Wahl für die Produktion der Serie „ROM“ fiel damals auf Cinecittà wegen des charakteristischen Lichts in Rom. Italien-Liebhaber kennen das. Die Macher von „ROM“ haben auf Authentizität eben großen Wert gelegt, und für mich ist diese Serie hinsichtlich der Handlung und der historischen Korrektheit immer noch der Qualitätsmaßstab aller antiken Film- und TV-Produktionen. In Emmerichs Werk dagegen wirkt vieles düster. Die Stadt versinkt im Schatten, nur wenig aufgehellt von unzähligen Öl- und Talglichtern.

Anachronismus pur – leider stimmt fast nichts

Wie so oft bei US-amerikanischen Produktionen spielt die reale Historie auch in „Those About To Die“ kaum eine Rolle. Einiges kann man noch verzeihen: zum Beispiel den Konstantinbogen vor dem Kolosseum, obwohl Konstantin erst zweihundert Jahre später gelebt hat, und auch die 35m hohe Nero-Statue, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht neben dem Amphitheater gestanden hat, ebenso der Triumphbogen des Septimius Severus auf dem Forum, obwohl der Triumphator erst 193 n. Chr. Kaiser wurde. Die dargestellte Flutung der Arena ist ebenfalls anachronistisch. Meines Wissen nach sind Naumachien, die im Kolosseum stattgefunden haben sollen, nicht konkret überliefert worden, könnten aber nach neuesten Untersuchungen damals prinzipiell möglich gewesen sein. Aber in jedem Fall hätte sowohl die Flutung der Arena als auch das Ablassen der großen Wassermassen bei den vorhandenen bautechnischen Bedingungen jeweils mehrere Stunden in Anspruch genommen und wäre innerhalb einer Veranstaltung nicht durchführbar gewesen. Solche Anachronismen gibt es nicht wenige. Aber Schwamm drüber. Die Produzenten haben an Animationen eben das genommen, was auf dem Markt gerade zu haben war. Die Kosten für die Aktualisierung hat man sich gespart. Merkt eh kaum einer. Aber immerhin wurde die neue Arena korrekt als Flavisches Amphitheater benannt, und nicht wie im Film „Gladiator“ noch fälschlicherweise als Kolosseum, da diese Bezeichnung erst ca. im 10. Jahrhundert aufkam.

Als plötzlich eine pyroklastische Wolke über Rom hereinbrach, dachte ich schon, die Macher der Serie hätten kurzerhand den Vesuv nach Rom verlegt. Langsam traut man denen alles zu, war dann aber doch nicht so. Wie diese Wolke allerdings vom 250 km entfernten Vulkan bis nach Rom gekommen sein soll, sei ihnen als ihr Geheimnis gegönnt.

Domitians historische Figur ist reine Fantasie

Im Mittelpunkt der Serie stehen der fiktive Wettbürobesitzer Tenax und der jüngere Sohn des Kaisers Vespasian Domitian. Beide Figuren schließen einen niederträchtigen Pakt: Domitian soll Tenax zu noch mehr Reichtum verhelfen, indem er ihm die Gründung einer zusätzlichen, ihm eigenen Wagenrenn-Fraktion ermöglicht, und umgekehrt soll Tenax Domitian helfen, selbst Cäsar zu werden. Dabei wenden beide fiese Tricks an. Und nebenbei wird alles geboten, was der geneigte Zuschauer liebt: Packende Wagenrennen, dramatische Gladiatorenkämpfe, eine überflutete Arena mit blutrünstigen Krokodilen, fiese Intrigen, Verschwörungen, und vor allem jede Menge Grausamkeiten und Sex im Regenbogencouleur, insgesamt eine kurzweilige Unterhaltung; aber leider sehr wenig Realismus vom antiken Rom. Der Plot ignoriert die gesicherten historischen Fakten vollständig und es entsteht dadurch eine wilde Geschichte, die eher „Games of Thrones“ ähnelt als dem realen antiken Rom. Es wird dargestellt, als habe Domitian gegenüber seinem konkurrierenden Bruder Titus eine echte Chance gehabt, Nachfolger seines Kaiservaters Vespasian zu werden. Das ist der gröbste, allerdings unverzeihliche Anachronismus. In Wirklichkeit hat Vespasian bereits seit 71 n. Chr. (also acht Jahre früher!) festgelegt, dass Titus sein Nachfolger wird. Domitian hingegen hat während der Herrschaft seines Vaters immer eine ungeordnete Rolle gespielt, wurde defacto vom Vater zurückgesetzt. Vespasians angebliche Wahl in der Serie zwischen dem Soldaten Titus und dem Politiker Domitian ist reine Fantasie. Gerade vor dem  Hintergrund des Vierkaiserjahres waren die Verbindungen zu den Legionen von existentieller Bedeutung. Domitian hatte weder Verbindungen zu den Legionen, noch im Wesentlichen zur Politik. Allerdings ist seine Aversion gegenüber seinem Bruder Titus historisch korrekt. Titus Ermordung ist in der Serie eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte. Tatsächlich ist sein Tod erst ein Jahr später eingetreten, also noch im jungen Lebensalter, der von einer unbekannten Krankheit verursacht worden sei und zu Gerüchten führte, dass Domitian dabei seine Hand im Spiel gehabt haben könnte. Jedoch sind dafür von Historikern keine Anhaltspunkte gefunden worden.

Gladiatorenkämpfe ohne Regeln

Der Höhepunkt der Eröffnungsveranstaltung ist in der Serie der Gladiatorenkampf zwischen Kwame und Viggo. Nachweislich fand dieser, wie übrigens in meinem Roman korrekt beschrieben, nicht zwischen diesen Beiden, sondern zwischen den durch Martial überlieferten Gladiatoren Verus und Priscus statt. In den Gladiatorenkämpfen wurde auch immer strikt auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Kämpfern geachtet. Ein Kampf zwischen dem 2,03 großen Flamma und dem mindesten zwei Köpfe kleineren Kwame hätte damals niemals stattgefunden, es sei denn es hätte sich um eine Hinrichtung gehandelt. Trotzdem ist die Serie durchweg spannend und in einigen Details wird auch ein wenig antikes römisches Flair vermittelt. Wem das genügt, dem wird diese Serie Vergnügen bereiten. Da historische Filme einen großen Einfluss auf das Geschichtsverständnis ausüben, ist es aus meiner Sicht sehr schade, dass die wahre Historie wieder einmal so verbogen wurde.

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